Charlotte Aichner, 1. Preisträgerin 2019
CLAUS 2019 – 1. Schülerpreis für journalistisches Arbeiten
Im Zuge des Schülerpreises für journalistisches Arbeiten "Claus" hatten wir Schülerinnen und Schüler aus dem Sprachen- und Realgymnasium sowie dem Sozialwissenschaftlichen Gymnasium Bruneck die Gelegenheit, dieses uns noch recht unbekannte Feld kennenzulernen. Unsere Aufgabe bestand darin, im Rahmen eines Wettbewerbs, ein unserer Meinung nach relevantes Problem des öffentlichen Raums zu behandeln. Ob wir dies mittels eines Radiofeatures oder eines Video-Projekts machen wollten, stand uns frei. Bevor wir uns in die konkrete Umsetzung unserer Ideen stürzten, durften wir an einem Workshop mit dem ORF-Journalisten und Claus-Gatterer-Preisträger Jürger Pettinger und dem Technik-Experten Jiri Gasperi teilnehmen. Da dieser Workshop in Sexten, dem Heimatort Claus Gatterers, stattfand, konnten wir uns ihm auch räumlich nähern. In den sehr spannenden und lehrreichen zwei Tagen sprachen wir ausführlich über die Grundlagen des journalistischen Arbeitens, lernten den Umgang mit Schnittprogrammen und begannen mit der Ausarbeitung unseres Storyboards, also der Strukturierung des Beitrags. Vorher hatten wir uns Gedanken gemacht, über welches gesellschaftliche Problem wir gern berichten würden. Bei der Auswahl meines Themas wollte ich auf einen Zustand aufmerksam machen, der für viele anfangs unbedeutend erscheinen mag. Da mich achtlos auf den Boden geworfene Zigarettenstummel schon lange störten, gab ich meinem Ärger Raum und versuchte so ein etwas breiteres Publikum für die Problematik “Zigarettenstummel und ihre Auswirkung auf die Umwelt” zu sensibilisieren.
Im Gespräch mit den Experten konnte ich viele Ideen für die Realisierung eines Filmprojekts sammeln, die ich dann mit der Hilfe meiner guten Freundin Anna-Sophie Ambrosi Schneider auch in die Tat umsetzen konnte. Wir verbrachten viele Stunden mit der Recherche, verschiedenen Interviews, dem Schreiben von Overlays und natürlich dem Filmen und dem Schneiden der Reportage. Im Erarbeiten des Projektes bekamen wir zunehmend das Gefühl, dass sich unsere Arbeit lohnen würde, egal, wie wir im Wettbewerb abschneiden.
Nach dem halben Jahr, in dem die Gruppe unabhängig voneinander an den eigenen Beiträgen gefeilt hatte, waren alle sehr gespannt darauf, die Projekte der anderen sehen und hören zu können. Das Themenfeld war breit gefächert, die Art und Weise der Umsetzung ebenso: Die einen gestalteten ein Radiofeature, andere hatten wie ich an einer Reportage gearbeitet. Da wir alle von der Arbeit der jeweils anderen beeindruckt waren, fieberten wir gemeinsam der Preisverleihung des “Claus” entgegen und warteten gespannt auf die Entscheidung der Fachjury, bestehend aus den Journalisten Franz Kössler, Wolfgang Mayr und der unvergessenen Elizabeth T. Spira, die leider kurz vor der Preisverleihung verstarb. Als es am 27. März 2019 endlich soweit war, fanden wir uns als Gruppe in Sexten im Rudolf-Stolz-Museum für die offizielle Preisverleihung ein. Als dann verkündet wurde, dass ich die erste Claus-Preisträgerin war, konnte ich es kaum glauben. Gemeinsam mit Anna-Sophie nahm ich die von Georg Loewit geschaffene Bronzeskulptur entgegen, und freute ich mich sehr über den Preis: ein einwöchiges Praktikum beim ORF in Wien.
Die Erfahrungen, die ich Anfang November in Wien bei diesem Praktikum machen konnte, vermittelten mir dann nochmal ein anderes Bild von der Arbeit der JournalistInnen. Drei Tage lang durfte ich Jürgen Pettinger und seine KollegInnen bei der Erstellung der ZIB-Nachrichten beobachten und bekam so einen tollen Einblick hinter die Kulissen des Fernsehjournalismus. Außerdem durfte ich im ORF-Archiv, wovon ich mir zuvor keine Vorstellung machte, dabei sein, als an einer Folge für die Sendung “Aus dem Archiv” gearbeitet wurde. Mein persönliches Highlight bleibt jedoch der Besuch im Radio-Funkhaus. Im Ö1-Studio wurden mir erstmals die spannenden Seiten des Radio-Berufs bewusst. Als ich nämlich die Fertigstellung eines viermonatigen Projektes mitverfolgen durfte, sah ich, wie viel Arbeit hinter dem 40-minütigen Radiofeature steckte und wie vielseitig und kreativ auch dieser Job ist.
Ein ähnliches Erfolgserlebnis kannte ich ja bereits aus eigener Erfahrung, eben der Reportage über die Zigarettenstummel.
In dem einen Jahr, das mich das Projekt rund um den “Claus” letztendlich beschäftigte, hat sich mein Bild vom Journalismus viel klarer gezeichnet. Durch die persönliche Erfahrung und das Lernen von anderen ist mir die Wichtigkeit dieser Arbeit klar geworden. Da ich mit meinem Beitrag viele Leute erreichen konnte und den ein und anderen tatsächlich überzeugt habe, keine Stummel mehr auf den Boden zu werfen, konnte ich damit im Kleinen etwas verändern. Das ist es, glaube ich auch, was man sich von Claus Gatterer abschauen sollte. Vielleicht wurden wir ProjektteilnehmerInnen sogar Paul Floras Wunsch, den er auf Gatterer bezog, gerecht, “die ruhigen Geister, deren es allzu viele in unserem immer noch schönen Heimatland gibt, [mögen] ein wenig unruhiger werden.”